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Nach dem Vorbild des bekannten Hollywood-Schriftzugs in Los Angeles wurde 2016 auf dem Feldherrnhügel an der Ecke Marktplatz/Berliner Straße in Offenbach die Typo-Installation „Offenbach Hills“ aufgestellt. Aufgrund größerer Abbrucharbeiten an dieser Stelle verschwand dieser 2020 zunächst wieder, wurde aber Ende 2023 an neuer Stelle entlang der Berliner Straße wiedererrichtet. Nun hat Frankfurt am Main auch etwas in dieser Art, jedoch ohne sich von Hollywood inspiriert haben zu lassen – offenbar aber auch von niemandem und nichts sonst, so uninspiriert wirkt dieser Entwurf auf mich. Die Typo-Installation, die auf ein Projekt von Frankfurter Stadtmarketing und Dachverband der Frankfurter Gewerbevereine zurückgeht, wurde kürzlich auf dem Paulsplatz in der Altstadt aufgestellt und soll künftig auch an anderen Orten sichtbar sein, um als „Selfie-Point“ zu fungieren.

Die Stadt feiert in diesem Jahr 100 Jahre Neues Frankfurt, ein Stadtplanungsprogramm, das nach dem Ersten Weltkrieg alle Bereiche der städtischen Gestaltung umfasste. Damit einhergehende Aktivitäten im Wohnungsbau gingen in die Architekturgeschichte ein, ebenso stammen Meilensteine der visuellen Gestaltungsmoderne aus Frankfurt am Main, so zum Beispiel eine von Paul Renner gestaltete Schrift: die geometrisch konstruierte Futura. Schade, dass der Schriftzug nicht mit einer so ikonischen „Frankfurter“ Schrift gestaltet wurde, sondern nur auf visuelle Elemente der üblichen Verdächtigen wie Goethe, Skyline, Wappen setzt.

Der Bembel wurde ebenfalls eingearbeitet – allerdings gleich doppelt: einmal als Muster im ersten „F“ und dann als Objekt am Ende des Namens. Wenn man schon „die für Frankfurt typischen Alleinstellungsmerkmale“ thematisiert, wird durch die doppelte Bembel-Präsenz der Eindruck erweckt, dass man nicht genügend verschiedene Motive gefunden hätte. Anstelle des Bembels hätte man die stilisierte Variante des Frankfurter Stadtwappens verwenden können und das im Buchstaben „A“ durch ein anderes Motiv ersetzen können oder gleich auf die vollständige und amtliche Namensform der Stadt setzen können: Oben FRANKFURT, unten AM MAIN. Denn: „Frankfurt am Main“ klingt immer besser als nur „Frankfurt“ und wird außerdem auch eher einem „Alleinstellungsmerkmal“ gerecht.

Die Wahl der Flaggen wirkt auf mich etwas zufällig. Man hätte beispielsweise auch die von Deutschland, die der sogenannten Gastarbeiter*innen (nicht nur Türkei und Griechenland, sondern auch Italien und Spanien), die der Länder, die heute die meisten Ausländer*innen in Frankfurt stellen (nicht nur Türkei, sondern auch Italien und Kroatien) und die der Tourist*innen, die es besonders oft nach Frankfurt am Main führt (ich hätte asiatische Länder vermutet, aber es sind die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich) darstellen können, aber was weiß ich schon, wie international und soziokulturell aufgestellt das Team für die Realisierung dieses Projekts war.

Die Motive in den Buchstaben hätten mit einem etwas dickeren Schnitt der verwendeten Schrift sicher besser gewirkt, besonders die mit den Fotos. Andererseits: Das Goethe-Gesicht im „R“ sieht eher aus wie das Resultat eines unbedachten Streetart-Experiments als ein ernsthafter Beitrag zu einer bekannten Frankfurter Persönlichkeit, und das im zweiten „F“ verwendete Foto des Justitia-Brunnens mit der Ostzeile – warum nicht der Römer? – in der Altstadt lässt mich völlig sprachlos zurück.

Da steht das Ding also. Mittlerweile sogar mit zwei „Betreten verboten“-Hinweisen, aber ohne jegliche Information zu den eingearbeiteten Grafiken und Fotos, keine QR-Codes, nichts. Auf der komplett schwarzen Rückseite wäre Platz dafür, sogar für mehrsprachige Texte, also nur für den Fall, dass da auch mal Tourist*innen vorbeikommen. Ich sag’s ja nur. Ein Erfolg wird dieses visuelle Kakophonie-Konstrukt dennoch werden. Nicht ohne Grund steht es zu Beginn seiner Reise an einem stark frequentierten Platz in Frankfurt, was garantiert zu vielen Fotos und entsprechenden Social-Media-Posts führen wird, denn der „Erfolg“ misst sich in solchen Kreisen schon immer in vermeintlicher Reichweite und nicht in Relevanz und Substanz – und fügt sich damit in eine Reihe ähnlich gelagerter Gestaltungen ein, wie z. B. die Mainkai-Bodenmalerei, die Kaiserstraße in Zeiten der EURO 2024 und die „Umbenennung“ in Kaisertor sowie der Überschuss an Streetart & Co. in der Innenstadt.

Was mir gerade noch einfällt: Die eingangs erwähnten „Offenbach Hills“ waren übrigens auch mal einer Farbattacke ausgesetzt. Ich bin gespannt, ob sich die Offenbacher zu einer Revanche hinreißen lassen. Wie dem auch sei: viel Spaß allen beim Taking a photo of yourself!

In diesem Sinne,
Grüße aus „Frankfurt RheinMain – World Design Capital 2026“.

FRANKFURT-Schriftzug auf dem Paulsplatz in der Frankfurter Altstadt

Großer, bunter FRANKFURT-Schriftzug mit Bembel als Selfie-Point

Der FrANKFURT-Schriftzug ist ein Selfie-Point und abends beleuchtet

Neuer FRANKFURT-Schriftzug um Hinweis „Betreten verboten“ ergänzt

Update 4.2.2025:
Die mit Klebeband befestigten „Betreten verboten“-Zettel wurden durch Verbots-Piktogramme (fürs Betreten UND jetzt auch fürs Sitzen) ersetzt. Erklärungen oder QR-Codes zu den in den Buchstaben dargestellten Motiven sind weiterhin Fehlanzeige. Prioritäten …

Verbots-Piktogramme am Selfie-Point mit dem Frankfurt-Schrfitzug

12 Kommentare

  • Franc Ono sagt:

    Nett dort. Aber waren die Verantwortlichen schon mal an einem „richtigen“ Selfie-Point?

    • stadtkind sagt:

      Was gibt denn das Thema noch her, außer Schriftzügen mit großen Buchstaben oder allerlei Rahmen-Konstruktionen, beide mit einer wie auch immer definierten Sehenswürdigkeit im Hintergrund? Hast du mal ein Beispiel für einen solchen „richtigen“ Selfie-Point oder meinst du einfach Plätze, von denen man schon immer eine schöne Aussicht hatte?

      In Frankfurt gibt es ja noch das hier: „New #selfiespot in town!“

      • Franc sagt:

        Ich wollte vor allem einen „Nett hier…“ Witz machen. Selfie-Points sind, wie du richtig sagst, ausgelutscht. Der an der Paulskirche ist aber besonders blöd. Er ist nicht nur generisch, sondern auch verdammt klein.

        Mit dem €-Zeichen am Willi-Brand-Platz gibt es ja auch schon einen organisch gewachsenen Ort. Zumindest ist die Skulptur meines Wissens nach älter als die Selfie-Kultur. Vielleicht hätte man lieber mit diesem kreativ interagieren sollen?

        • stadtkind sagt:

          Der Witz ist auch angekommen, aber ich war mir nicht sicher, ob der Verweis auf einen „‚richtigen‘ Selfie-Point“ dennoch irgendwie begründet war.

          Die €-Skulptur vom Hörl hab ich als Kunst im öffentlichen Raum abgespeichert, die einfach nur beiläufig zum populären Fotomotiv wurde bzw. wie du schreibst, „organisch gewachsen“ ist. So gesehen könnte man heute natürlich alles, was in Reiseführern früher einfach „nur“ als „Sehenswürdigkeiten“ beschrieben wurde, als Selfie-Point bezeichnen/umdefinieren. Tatsächlich hatte ich allerdings nur bewusst als Selfie-Point/Spot installierte/geschaffene/erweiterte Werke im Sinn.

  • Tutnixzursache sagt:

    Vielleicht habe ich ja was verpasst, bin erst seit 60 Jahren Frankfurter, sorry, aber an was genau In F soll mich das gelbe K mit Rauten erinnern?
    Alles in allem eine Schnapsidee von Leuten die einmal im Leben Insta aufgemacht haben, paar Selfies gesehen,nicht verstanden und dachten da machen wir jetzt mal was ganz verrücktes das Frankfurt ganz weit nach vorne bringt. Fremdscham galore

    • stadtkind sagt:

      Die Rauten im gelben K stehen für die Struktur eines mit Apfelwein gefüllten Glases („Geripptes“).

      Alle Städte konkurrieren um Aufmerksamkeit und versuchen eine unverwechselbare Identität und ein einzigartiges Image zu „entwickeln“, schauen dabei aber, so zumindest mein Eindruck, vor allem auf bereits umgesetzte Ideen/Projekte andere Städte.

      • Tutnixzursache sagt:

        Ein Geripptes also, hätte man evtl. selbst drauf kommen können. Wenn denn die Farbe stimmen würde.
        Farblich eher 99%iger Süßgespritzer mit Zitronenlimo + Lebensmittelfarbe.

        So ein Teil haben nur Städte nötig denen es ansonsten an Fotomotiven mangelt. Das Konzept würde also nach Hannover passen

        • stadtkind sagt:

          Man hätte dem Bembel auch einfach ein Geripptes zur Seite stellen können. Dann hätte man nur einen Platz statt drei für dasselbe Thema benötigt, das Motiv wäre eindeutig zu erkennen, und zudem wären zwei Buchstaben frei geworden für andere Bilder oder Grafiken – ich hätte zum Beispiel gerne den Frankfurter Kranz gesehen. Eine Infotafel scheint auf jeden Fall sinnvoll. Wenn diese Skulptur nicht in der Altstadt, sondern in Kalbach oder Zeilsheim stünde, würde ich – und ich vermute, viele andere auch – nicht extra dorthin fahren. Dafür wirkt das Ganze für mich doch zu sehr nach „Einkaufszentrumkunst“.

  • Jana sagt:

    Ich feiere diesen Artikel. Das Ding ist einfach nur der gestalterische und inhaltliche Horror! Alle Beteiligten 6, setzen.
    Einkaufszentrumkunst. Selbst das Nord-West-Zentrum würde sich das vermutlich nicht reinstellen!

    • stadtkind sagt:

      Es wird leider auch nicht besser, je öfter man es sich anschaut.
      Ich hatte zwar schon im Artikel geschrieben, dass ich ein zweizeiliges „Frankfurt am Main“ bevorzugt hätte, aber mittlerweile störe ich mich auch an der Namenstrennung (FRANK FURT) an sich – wenn man schon den Namen der Stadt als Fotomotiv präsentiert und in Social Media verbreitet sehen möchte, dann diesen doch auch zusammengeschrieben. Und auch dieser grüne Klumpatsch im T, der für die Frankfurter Grüne Soße stehen soll … ich weiß ja auch nicht.

  • Stergios sagt:

    Ich freue mich wenn die Touristen selfies an unserem neuen Selfiepoint machen.

    • stadtkind sagt:

      Keine Ahnung, wer mit „unserem“ gemeint sein soll, aber ich bevorzuge dann doch lieber die, die sich am Willy-Brandt-Platz vor der €-Skulptur fotografieren (lassen), auch wenn um deren Bedeutung wahrscheinlich nur die wenigsten wirklich Bescheid wissen. Jedenfalls merkt man bei diesen beiden Werken wunderbar den Unterschied zwischen Kunst (im öffentlichen Raum) und Stadtmarketing-/Gewerbevereine-Gedöns.

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