„Ich gehe nicht von Staatsversagen aus, weil der Staat hat bis dato, bis zum NSU, nicht beim Thema Rechtsterror zielgerichtet und stringent ermittelt […] sondern ich gehe von Schuld aus. Schuld, durch die rassistischen Ermittlungen. Schuld, durch dem nicht Nachgehen von Hinweisen durch Spitzel und anderen Erkenntnissen aus den verschiedenen Ämtern für Verfassungsschutz. Und Schuld, weil man Mitwisser, möglicherweise auch Mittäter abgeschirmt hat, weil sie selbst Spitzel waren oder im Kontakt zu Spitzel standen […] auch Unterlassen ist eine Straftat.“

Das sind die Worte, die Martina Renner, ehemaliges Mitglied im NSU-Ausschuss Thüringen, vor knapp drei Wochen in Frankfurt gewählt hat, als sie in der von Hanning Voigts (Frankfurter Rundschau) moderierten Podiumsdiskussion im überfüllten Theater Willy Praml, zusammen mit Dirk Laabs (Autor und NSU-Experte), Petra Pau (Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags), Alexander Kienzle (Vertreter der Familie Yozgat im NSU-Prozess) und Hans-Christian Ströbele (ehemal. Mitglied im NSU-Ausschuss) teilgenommen hat. Sie alle gewährten an jenem Abend wirklich sehr interessante Einblicke zu ihren unterschiedlichen Tätigkeiten in Verbindung mit der Aufarbeitung und Aufklärung rund um den NSU.

Wer das Thema ein wenig aus den Augen verloren hat, auch weil die Medien es schon merklich seltener in den Mittelpunkt ihrer Berichterstattungen rücken, wird hier auf den aktuellsten Stand der Dinge gebracht.

Das Versagen der Nachkriegsjustiz in Deutschland ist übrigens derzeit Thema der 3-teiligen ARD-Dokumentation Akte D. Im ersten Teil wird aufgezeigt, dass Deutsche, die als Beamte den Nationalsozialisten zu Diensten waren, nach dem Krieg wieder für Ministerien und Behörden arbeiten durften und dass seitens der politischen Führung umfangreiche Unterlagen, die zu weiteren Aufklärungen hätten beitragen können, abgelehnt wurden, „weil sich bestimmt einige Namen mit Verbrechen der NS-Zeit in Verbindung bringen ließen und das peinlich für die deutsche Regierung wäre“.

Sieht man sich in diesen Tagen auch noch den ARTE-Film Der blinde Fleck – Das Oktoberfest Attentat, und wie es hinter den Kulissen zuging, dann erscheinen all die „Pannen“ und sonstigen Desaster rund um die Aufklärung zum NSU plötzlich gar nicht mehr so überraschend und skandalös, sondern als „business as usual.“

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2 Kommentare

  • bethemedia@systempresse.org sagt:

    Übrigens – einen großen Dank auch an alle, die kontinuierlich an diesem düsteren Kapitel dranbleiben und mit hohem Einsatz eine Öffentlichkeit herstellen:

    Die Prozessbegleitung – umfangreich aber immens wichtig:
    http://www.nsu-watch.info/

    Und hier die Dokuseite zu dem in Hessen (irgendwann) startenden Untersuchungsausschuss:
    http://hessen.nsu-watch.info/

    Und auf radio fsk kommen auch wöchentliche Berichte rund um das Prozessgeschehen – hier gesammelt zum Nachhören:
    http://einprozess.blogsport.eu/

  • M. sagt:

    Vielen Dank für diese überaus gute Zusammenfassung inklusive der Links zu den diversen Videos. Akte D hatte ich bislang noch nicht gesehen und werde dies nun nachholen.

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