Die Schirn Kunsthalle widmet sich mit der Ausstellung WALK! unterschiedlichen, bisher wenig beleuchteten Facetten des Gehens in der zeitgenössischen Kunst. In der international besetzten Gruppenausstellung werden seit dem 18. Februar und noch bis zum 22. Mai 2022 rund 100 Fotografien, Videoarbeiten, Performances, Collagen, Zeichnungen, Malereien und Skulpturen von über 40 internationalen Künstler*innen präsentiert. Die Schau ist aufgeteilt in die Bereiche Umherschweifen!, Beobachten!, Nicht-Gehen!, Erzählen, Gehen! und Produzieren! Hier ein paar Eindrücke:
Sohei Nishino – Diorama Map Berlin, 2012
Mit seiner Kamera fängt der Künstler Sohei Nishino auf seinen Spaziergängen aus unterschiedlichen Positionen fragmentarische Ansichten ein. Entsprechend seiner Erinnerungen kombiniert er seine Aufnahmen und erstellt dadurch eine Stadt, wie sie nur durch die Augen eines einzelnen Individuums gesehen wird. In der Ausstellung zu sehen ist ein Diorama von Berlin, das Foto zeigt nur einen kleineren Ausschnitt der Arbeit.
Kurzes YouTube-Special zu Sohei Nishino auf dem Kanal von The Art of Photography
Miae Son – the still walker #2, Moonwalk, 2015
Die Arbeit the still walker #2, Moonwalk (2015) zeigt die Künstlerin Miae Son selbst, den Moonwalk praktizierend. Beim Moonwalk handelt es sich um einen vor allem durch Michael Jackson bekannt gewordenen Stil des Tanzschrittes, der eine Gehbewegung im Stand simuliert. Miae Son kam die Idee durch die Benutzung von Rolltreppen, wo ebenfalls ein Vorwärtsgehen bei gleichzeitigem Stilstand möglich ist.
Miae Son – Anleitung für Moonwalk (Anfänger), 2016
Wieder Miae Son, wieder Moonwalk. Diesmal als gezeichnete, animierte Anleitung für den Tanzschritt. Die Anleitung rotiert und durch die regelmäßigen Löcher wird der Bass-Part des Michael-Jackson-Songs „Billie Jean“ im Spieluhr-Sound produziert.
James Bridle – Every CCTV Camera (CC), 2017
Mit der Arbeit Every CCTV Camera versucht James Bridle ein Bewusstsein für Überwachungskameras, die von ihnen gesammelten Daten und die Art und Weise, wie diese Daten verwendet werden, zu schärfen. Auf einem rund 8 km langen Spaziergang durch eine zur Erhebung einer Innenstadtmaut markierten Zone in London fotografierte er 427 Kameras. Angenommen wird jedoch, dass es wesentlich mehr sind und nicht nur die mautpflichtigen Fahrzeuge erfasst werden und aufgrund ungesicherter digitaler Netzwerke die Daten auch zweckentfremdet werden können.
Özlem Günyol & Mustafa Kunt – Male Subject & Female Subject (2011)
Für die Arbeit Male Subject & Female Subject (2011) ließen sich Özlem Günyol und Mustafa Kunt an einem ihnen unbekannten Tag von einem Privatdetektiv in New York beschatten. Die einzige Anweisung, die der Detektiv erhielt, war, einen detaillierten Bericht über ihre Aktivitäten zu erstellen. Somit wurde ein normaler Tag der beiden zu einem ganz besonderen, bekam das Vertraute den Anstrich des Verdachts. Neben den hier abgebildeten Dokumenten ist in der Ausstellung auch ein Video dazu zu sehen.
Bouchra Khalili – The Constellation Series, 2011
In Bouchra Khalilis Arbeit The Mapping Journey Projects (2008-2011) erzählen Personen aus erster Hand von ihrer illegalen Einwanderung aus dem Nahen Osten oder Afrika nach Europa. Dabei zeichnen Sie mit einem Marker auf einer Weltkarte ihre Wege nach. Unabhängig voneinander erzählen sie alle von ähnlichen Erlebnissen, z. B. wie Reisegefährt*innen starben oder man sich zu Fuß monatelang durch Wüstengebiete bewegen musste. Die Spuren der Erzähler*innen des The Mapping Journey Projects (2008-2011) werden in The Constellation Series (2011) in Form von Sternenkarten umgesetzt.
Francis Alÿs – The Collector (Mexico City), 1991-2006
Auf seinen Spaziergängen durch die Metropolen der Welt dokumentiert der Künstler Francis Alÿs das tägliche Leben in einer Reihe von performativen Aktionen. Das Video The Collector (Mexico City) (1991–2006) dokumentiert eine mehrtägige Performance, bei der der Künstler einen kleinen magnetischen Spielzeughund auf Rädern durch die Straßen des Centro Histórico von Mexiko-Stadt hinter sich herzog und auf seinem Weg metallische Gegenstände sammelte. Durch die Wiederholung der Performance über mehrere Tage hinweg wurde sie Teil der Geschichte des Stadtteils.
Francis Alÿs‘ YouTube-Kanal zeigt auch das Video Colector (The Collector)
Daniel Beerstecher – Walk In Time II, 2019
Für seine Performance Walk In Time (2019) bewegte Daniel Beerstecher sich so langsam vorwärts, das er gerade einmal 120 Meter pro Stunde zurücklegte. Neben Standort, Schrittzahl und Laufgeschwindigkeit wurden auch sensible Daten wie Herzfrequenz, Hautwiderstand und Körpertemperatur in Echtzeit auf seine Website übertragen. Die die Selbstoptimierung unterstützende Selbstvermessung liegt diametral zu seinen Entschleunigungsexperiment, das sich kritisch mit der Leistungsoptimierung und leichtfertigen Überwachung privater Daten auseinandersetzt. Neben dem Video zu Walk In Time (2019) zeigt die Ausstellung auch die aus 60 Bildern bestehende Edition „Walk in Time II“, welche die aufgezeichneten Daten seines Slow Walks visualisiert.
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