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Vor einigen Wochen bin ich beim Bilderdienst Instagram auf den Dachwandler und andere Roofer in Frankfurt aufmerksam geworden. Dem Video vom Dach des Marriott Hotels folgten kurze Zeit später weitere Aufnahmen, diesmal mit einem Kran im Mittelpunkt des Geschehens. Wahnsinn. Bereits in der Vergangenheit haben mich bei Graffiti-Videos besonders die Szenen über den Dächern der Stadt am meisten fasziniert, aber der Dachwandler setzt mit seinen waghalsigen Aktionen und schwindelerregenden Aufnahmen noch ein Schippchen drauf.

Faszination und Neugier verlangten nach mehr Informationen, so dass ich den Kontakt zu ihm gesucht habe. Ich freue mich, dass er sich die Zeit genommen hat. um mir einige Fragen rund um seine Aktivitäten zu beantworten.

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Foto © by DACHWANDLER

Seit wann betreibst Du Roofing und was war ausschlaggebend für Dich, damit anzufangen? 

So richtig im „Roofing“ dabei bin ich erst seit 2-3 Monaten, davor hatte ich zwar auch schon eine Vorliebe für Dächer, war jedoch nicht regelmäßig unterwegs und hatte nie eine Kamera dabei. Irgendwann kam der Punkt an dem ich dachte, man müsse die Aussichten von oben auch für andere festhalten, die nicht dort oben waren.

Warum machst Du das eigentlich? Du verschaffst Dir ja nicht nur Zugang zu einem Dach, um z.B. von dort oben Fotos zu machen, sondern begibst Dich auf Kräne und Dachränder, zum Teil freihändig, ohne Halt und Sicherung.

Erst mal geht es darum sich durch das Labyrinth des „Hauses“ zu kämpfen, am besten ohne überhaupt bemerkt zu werden und dessen Ausgang (das Dach) zu finden. Das Gefühl oben an der Kante zu sitzen ist schwer beschreibbar. Wahrscheinlich trifft es das am besten, dass man sich für die paar Minuten kurz aus dem Alltag herausnimmt und die Welt um einen herum für einen stehen bleibt.

An das Risiko herunterzufallen denkt man nicht. Wir Roofer würden das Risiko nicht eingehen wenn wir uns sich nicht immer zu 100% sicher wären, dass wir heil wieder herunterkommen. Mir ist auch in Europa kein Todesfall beim Roofen bekannt.

Bei der ehemaligen Oberfinanzdirektion ist im vergangenen Jahr jemand vom Dach gestürzt und dabei tödlich verunglückt. Schreckt solch ein Vorfall nicht ab? 

Der Junge bei der Oberfinanzdirektion war kein Roofer. Er hat anscheinend da oben gefeiert und ist dann unter Alkoholeinfluss vom Dach gestürzt. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, für mich und alle Roofer die ich kenne ist bei unserem „Hobby“ Alkohol absolut tabu!

In den bisherigen Dachwandler-Videos sind unterschiedlich viele Leute zu sehen. Wie setzt sich die „Crew“ zusammen, aus wie vielen Leuten besteht sie?

Die „Crew“ setzt sich immer neu zusammen, aus mir und anderen Roofern. Meist sind wir jedoch zu zweit oder zu dritt, da mit mehr Leuten sonst zu leicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns gelenkt wird.

Nach welchen Kriterien werden die Gebäude ausgewählt und haben eventuell auch andere Faktoren Einfluss auf die Entscheidung, z.B. Zeit (Tag, Nacht), Wetter (Regen, Wind), Tag (Werktags, Wochenende, Feiertag) etc.? Wird dem Beachtung geschenkt oder spielt das nur eine untergeordnete Rolle?

Die Auswahl ist eigentlich ziemlich unkompliziert. Generell gilt nur möglichst hoch und eine gute Aussicht. Ob man hochkommt wird einfach ausprobiert. Für uns geht Sicherheit vor und so gehen wir bei Nässe, Schnee oder starkem, böigen Wind überhaupt gar nicht erst Hoch auf Dächer. Schwierig zu erreichende Dächer oder Dächer wo man leicht gesehen werden kann werden natürlich nachts oder an Feiertagen gemacht.

Soweit ich das den Videos entnehmen kann, erfolgt der Weg – zumindest bisher – auf die Dächer größtenteils durch das Gebäudeinnere, also per Aufzug oder Treppenhaus. Stehen dabei immer alle Türen offen oder muss man auch darauf vorbereitet sein, sich selbst Zugang zu verschaffen? Bist Du auch schon mal an einer Stelle nicht weitergekommen und musstest daraufhin abbrechen? 

In den Gebäuden wollen wir Roofer keinen Schaden hinterlassen, deswegen benutzen wir nur offene Türen. Wir würden nie verschlossene Türen aufbrechen.

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Foto © by DACHWANDLER

Wie viel Zeit hat man denn, wenn man sich auf einem Dach aufhält? Immerhin könnte man gesehen und die Polizei verständigt werden. Ich denke dabei an Passanten die hochschauen oder an Menschen in benachbarten Hochhäusern, die zufällig mal rüberschauen und feststellen, dass die dort zu sehenden Leute – also die Roofer – da nicht hingehören.

Hmm, die Zeit die man oben hat ist immer schwer abzuschätzen. Am besten so lange wie möglich, ohne jedoch zu großes Risiko einzugehen. Entschieden wird das dann immer von Fall zu Fall, abhängig von Tageszeit usw. Bei Marriott war es fast eine Stunde, auf dem Kran mitten in Frankfurt ca. 20 Minuten. Man kann diese Zeit erheblich verlängern indem man sich zum Beispiel als Bauarbeiter verkleidet.

Gibt es eine Roofing-Szene in Frankfurt? Und weißt Du, wie es diesbezüglich in Deutschland aussieht?

Ja, es gibt eine kleine Roofing-Szene hier in Frankfurt und auch in Deutschland. In ganz Deutschland sind es vielleicht ca. 20-30 Roofer, davon ca. 10 in Frankfurt zu denen man mehr oder weniger Kontakt (vor allem über Instagram) hat. Die beste Stadt dafür ist aber verständlicherweise Frankfurt, da sie einfach die höchsten Gebäude in Deutschland hat.

Sind auch Aktionen in anderen Städten denkbar oder sogar schon gemacht worden? 

Ja, im neuen Jahr plane ich auch Reisen in andere Städte und Länder um dort zu „Roofen“. Bisher bin ich aber aufgrund von Zeitmangel nicht dazu gekommen.

Sind Videos und Fotos im Web die einzigen Nachweise von Dir oder erinnert vor Ort auch etwas daran, dass Du da warst?

Ja, ich hinterlasse auch Sticker auf den Dächern, die ich besucht habe. Wenn du wissen willst, wie die aussehen, musst du mal eins davon besuchen. Oder einfach in meinem Instagram ziemlich weit nach unten scrollen :D

Mir sind bisher die Dachwandler- Accounts bei YouTube und Instagram- bekannt. Gibt es im Internet noch an anderer Stelle Aktivitäten oder sind noch welche geplant? 

Außer dem YouTube Kanal und Instagram gibt es bald auch noch einen Webshop, bei dem man Online-Abzüge meiner besten Bilder auf Leinwand oder Poster bestellen kann.

Gab es bisher so etwas wie einen ganz besonders krassen Moment, egal ob positiv oder negativ, der besonders in Erinnerung geblieben ist?

Krassester Moment bisher war wirklich der „Cranewalk“ oben auf dem Mittelträger vom Kran, von dem es leider nur Fotos und kein Video gibt, da genau in dem Moment meine Kamera nicht lief.

Vielen Dank für das Interview! :)

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12 Comments

  • samtam sagt:

    Hallo,

    es hat zwar nur beiläufig mit dem Thema zutun, aber du erwähnst in der Einleitung des Posts, dass Dich bei Graffiti-Videos v.a. die Dachszenen faszinieren. Da ich kaum Graffitivideos aus FFM kenne, könntest du vielleicht mal ein paar verlinken oder andere Bezugsquellen für Graffiti-Videos aus Frankfurt nennen? Danke im Voraus.

  • samtam sagt:

    Danke für die fixe Antwort!

  • Beve sagt:

    Ich bin ja durchaus ein Freund ungewöhnlicher Orte, aber bei den pics hebts mir schon beim Zugucken den Magen leicht nach oben. Coole Idee mit dem Interview. danke.

  • Hans-Peter sagt:

    Jedenfalls möchte ich keinen von denen auf den Kopf kriegen und möchte niemandem zumuten, sie von der Straße kratzen zu müssen.
    Für mich sind das Vollpfosten, die überhaupt nicht wissen, was sie tun und die für kurze, zweifelhafte Berühmtheit ihr Leben riskieren.

    • stadtkindFFM sagt:

      Wenn Free Solo-Climber ungesichert steile Bergwände hochklettern, Artisten ohne Auffangnetz auf einem Seil von A nach B balancieren oder hier, eine junge Generation sich die Gebäude in einer Stadt vorknöpft, dann handelt es sich meines Erachtens nicht zwangsläufig um „Vollpfosten“, nur weil eine mediale Aufmerksamkeit damit einherkommt.

      • Hans-Peter sagt:

        Na gut, versuche mir doch mal, den tieferen Sinn einer solchen Aktion zu erklären.

        Ich halte es für genauso beknackt wie dereinst das S-Bahn Surfen o.ä., wobei hier noch eine Gefahr für andere bestünde.

        Und mir können die Knaben nicht erzählen, dass sie das Risiko genau kennen, das kennt jeder Dachdecker besser.

        • stadtkindFFM sagt:

          Na ja, eigentlich habe ich versucht das mit dem Interview zu beleuchten. Ansonsten: Rausch, Kick, Adrenalin, sich Ausklinken, Abschalten, Abenteuerlust, Herausforderung, Ängste überwinden, Spüren dass man am Leben ist, keine Ahnung… Was macht am Ende des Tages überhaupt schon Sinn? Und sind es nicht eigentlich genau solche vermeintlich „sinnlosen“ Aktionen, die das Leben manchmal etwas bunter und aufregender machen? [Zumindest für die betroffenen Personen?] Man muss das ja nicht gut finden, aber deswegen gleich von „Vollpfosten“ zu sprechen, finde ich jedenfalls etwas überzogen. Ich feier Leute die Risiken eingehen und hoffe einfach, dass es immer gut geht und nie jemand zu Schaden kommt.

  • vlkr sagt:

    Seltsame Menschen, die Aktivitäten von anderen gleich direkt auf sich beziehen müssen (auf den Kopf kriegen) oder irgendwo einen tieferen Sinn entdecken müssen. Hallo HP!

  • MagCreation sagt:

    Hey liebes Stadtkind,
    Ich war früher auch mal roofer, meine Wege und Dächer sind aber längst schon verschlossen. Hast du irgendwelche Dächer wo man hier in Frankfurt hochkann? Würde mich über 1 oder 2 Tipps freuen

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