Die Frankfurter Buchmesse wie man sie kennt wird in diesem Jahr bekanntermaßen nicht stattfinden, das mehrtägige Lesefest Open Books dagegen schon. Allerdings sind aufgrund der besonderen Situation in diesem Jahr für alle Veranstaltungen personalisierte Tickets erforderlich, die vorab gebucht werden müssen. Besonders angesprochen hat mich ein Termin am Donnerstag, den 15. Oktober 2020 um 16 Uhr im Ratskeller im Römer. Zu Gast sein wird Wolfgang Ullrich, thematisiert wird sein Buch Feindbild werden. Ein Bericht.

Wolfgang Ullrich ist ein deutscher Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, der 2019 in der ZEIT mit dem Artikel Auf dunkler Scholle den Vorwurf formulierte, Neo Rauch und andere in der DDR groß gewordene Maler würden unter Verweis auf die Kunstfreiheit vermehrt rechte Positionen einnehmen. Das hat seinerzeit eine weitreichende Debatte provoziert. Neo Rauch malte daraufhin ein neues Bild – eine Replik auf Ullrichs Text – das er Der Anbräuner nannte. Das zu einem späteren Zeitpunk im Rahmen einer Benefiz-Auktion für 750.000 Euro verkaufte Bild – den Zuschlag erhielt der Berliner Immobilienunternehmer Christoph Gröner – zeigt einen Maler auf einem Nachttopf, der mit seinen Exkrementen eine Gestalt auf die Leinwand malt, die die Hand zu Hitlergruß zu erheben scheint. Die großen Initialen „U.W.“ deuten auf Wolfgang Ullrich hin.

„Wieder stellt sich Wolfgang Ullrich einem hochaktuellen Thema: Ist der viel beschriebene und diskutierte Rechtsdrall in den ostdeutschen Ländern auch in der zeitgenössischen Kunst sichtbar? Wie politisch ist Kunst heute – und wie steht es um ihre oft beschworene Autonomie? Wolfgang Ullrich, Kunsthistoriker aus Westdeutschland mit Wohnort Leipzig, stellt Fragen an die Gegenwartskunst und ihre Vermarktung, die über das rein Ästhetische hinausgehen. […]

Wieso kam es zu solch heftigen Reaktionen? Wolfgang Ullrich tritt einen Schritt zurück und stellt fest, dass es (jenseits dieses Falls) um grundsätzliche Konfliktlinien geht: Vordergründig um das Verhältnis zwischen Künstler und Kritiker. Dann um die offenbar wachsende Spannung zwischen Ost- und Westdeutschland. Und am Ende um den alten neuen Widerspruch zwischen der Sehnsucht nach Heimat mit festen Grenzen und dem Wunsch nach Offenheit und Pluralismus. Ein wichtiger Beitrag zur Debattenkultur zwischen Ost und West.“ (www.wagenbach.de)

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